Aktueller Bericht aus der Buchmesse Frankfurt


BAM BAM. POW POW!! We proudly present the latest book of Imad Mustafa: Der Politische Islam. Zwischen Muslimbrüdern, Hamas und Hizbollah, published by PROMEDIA






Mehrwöchige Feldforschung, teilnehmende Beobachtung, leben unter Muslimbrüdern, Expertengespräche mit Funktionären und politischen Führern, Studium aller Parteiprogramme und programmatischer Literatur. Und dann: die Übersetzung ins Deutsche! Erstmalig und einzigartig. Anlässlich dieser literarischen Geburt meines Blogkollegen Imad Mustafa habe ich ein Interview mit ihm geführt. Man möge sich Tee einschenken und weiterlesen.



Imad, wie kam es zu dem Buchprojekt?
Naja, das einzige, was ich wirklich kann, ist schreiben. Und da ich noch dazu einen Vollbart habe, liegt es einfach nahe, in diese Richtung zu arbeiten. 

Verständlich. Der Titel deines Buches heißt Der Politische Islam. Weshalb sehen wir keine Kalaschnikoffs und brennenden Flaggen auf dem Cover? 
Weil der Verlag mit mir darin übereinstimmte, dass das Bild eines studierenden Moslems in meditativer Atmosphäre besser zum Thema passt. 

Gibt es eigentlich auch einen Islam der unpolitisch ist? 
Es gibt nicht wenige, die eine Trennung von Islam und Politik vehement verneinen würden, sie gar als unislamisch brandmarken würden. Doch genau dies ist Teil des Problems: Wer entscheidet endgültig, was islamisch ist und was nicht?! Schließlich gibt es so viele islamische Glaubensrichtungen, wie es Menschen auf der Welt gibt, die sich als muslimisch begreifen!
Meiner Meinung nach ist die Symbiose von Islam und Politik eine moderne Erscheinung, die auf die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts zurückgeht, als im Angesicht sozialer und politischer Krisen der Glauben von einigen wenigen Ideologen auf eine leicht einzusetzende Ideologie reduziert wurde, um bestimmte machtpolitische Ziele durchzusetzen.

Hast du während deiner Recherchen für die ein oder andere islamische Bewegung mehr Sympathie entwickelt als für die andere? 
Mein Aufnahmeantrag in die Hizbollah läuft gerade! Nee, Spaß beiseite. Als Wissenschaftler interessieren mich natürlich Motive, Strategien und Praktiken der verschiedenen Bewegungen. Aus dieser Perspektive heraus gibt es natürlich Unterschiede zwischen den Bewegungen und dementsprechend ist die Beschäftigung mit den verschiedenen Akteuren mal mehr, mal weniger spannend. Aber eine Präferenz habe ich da nicht entwickelt, nein! 

Wann ist oder wird eine religiöse Bewegung politisch?
Wenn sie in den politischen Prozess eingreift, sei es mit Waffen, politischen Parteien oder auch Massenmobilisierungen zu Demos, Streiks etc. Manche Bewegungen hegen auch einen revolutionären Anspruch, etwa wenn sie die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen umkrempeln wollen.
Bewegungen wie al-Qaida, bei denen die Gewaltanwendung das überragende Merkmal ist, und die sich praktisch gar nicht auf einen politischen Aushandlungsprozess einlassen, würde ich aber als regelrecht antipolitisch einstufen.

Sollte es einen Islam geben der unpolitisch ist, was wären seine Vorzüge oder Nachteile?
Selbstverständlich gibt es unpolitische „Islame“. Wenn du z.B. ins hinterste Palästina aufs Land fährst, dann erlebst du Menschen, die tief verwurzelt in ihrem Glauben leben, aber keine Ahnung oder Interesse an Politik oder einer politischen Auslegung ihres Glaubens haben. Von Marokko bis Indonesien wirst du überall auf Formen des Islam treffen, die völlig unpolitisch sind.
Ob man da von Nach- oder Vorteilen sprechen kann, weiß ich nicht. Es kommt halt immer auf die Perspektive und die Interessen an.

Siehst du den Islam als kulturelle Identität? Ähnlich wie das Judentum, das mehr ist als eine Religion?
Das ist eine spannende Frage! Gerade in der Muslimbruderschaft gibt es eine Tendenz, diese Dinge, also Nationalismus und Religion zu verbinden. Vom Gründer der Muslimbruderschaft, Hassan al-Banna, stammt der bemerkenswerte Satz (der übrigens von der Hamas übernommen wurde) „der Nationalismus ist Teil des Glaubens.“ Meines Erachtens ist das eine gefährliche Fehlentwicklung, ein Missbrauch des Glaubens. In erster Linie sind Religionen Handlungsanleitungen für gläubige Menschen, um mit Gott zu kommunizieren, seelischen Ausgleich zu finden oder die Absurdität des Seins mit Fassung zu ertragen.

Muss man Angst haben vor dem Islam als politischer Kraft?
Angst ist der falsche Ansatz, denn das impliziert ja bereits, dass „der“ Islam gefährlich, gewalttätig, irrational und anders ist. Damit würde man den hiesigen Propagandisten auf den Leim gehen, die seit Jahren versuchen ein Schreckensbild vom Islam zu zeichnen, um dieses für ihre eigenen fremdenfeindlichen, neokolonialen oder auch persönlichen Zwecke zu missbrauchen.
Der Islam als organisierte politische Kraft kann die verschiedensten Ausprägungen annehmen, angst und bange muss einem aber nicht sein. 

Wie gestaltet sich die Einfuhr eines Parteiprogramms der Hamas nach Deutschland?
Zerknüllen und als Packpapier um Porzellanteller wickeln und daheim alles wieder glattbügeln.

Sehr spitzfindig. Bei deiner letzten privaten Reise zu Verwandten in Jordanien, wurden deine Unterlagen samt Laptop und allen dazugehörigen Festplatten und Speicherkarten entwendet. Hatte dieser Vorfall etwas mit deinen Recherchen zu tun?
Ehrlich gesagt, weiß ich nicht genau, ob man das in dem Zusammenhang sehen kann. Sicherlich sind viele beunruhigt über die Publikation und wollen wissen, was da drin steht. Der jordanische Geheimdienst vermutet, dass die Täter aus Deutschland eingereist sind und vom Bundesministerium des Inneren beauftragt wurden. Aber vielleicht hatte da auch die NSA ihre Finger mit im Spiel.

Wie hat dein Verlag darauf reagiert?
Naja, die bereuen es mittlerweile, dass sie sich auf mich eingelassen haben. Aber so ist das eben mit Arabern.

Wie wird es weitergehen?
The Show must go on. Ich werde auf der Buchmesse vorlesen und ein paar Interviews geben. Die üblichen Geschäfte, dies das.



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Hier die aktuellen Termine des Autors auf der Frankfurter Buchmesse. Zum Nachhören auf den Link klicken! 

Am Freitag, 11.10.2013
13.30 - 14.30 | Fernsehen | Hörfunk | Interview | Gespräch
Literatur & Sachbuch | Religion / Spiritualität
Veranstalter: Deutschlandradio Kultur
Teilnehmer: Zantow, André | Khorchide, Mouhanad | Mustafa, Imad
Veranstaltungsort: Halle 3.1 C85, Messegelände
Am gleichen Tag um 19:07 Uhr wird die Sendung auf DRadio Kultur ausgestrahlt und auf deren Homepage als Podcast zum Download angeboten!


Am Samstag, 12.10.2013
13.00 - 13.30 | Interview | Gespräch
Internationaler Dialog | Literatur & Sachbuch
Veranstalter: IG Autorinnen Autoren
Mitveranstalter: LiteRadio
Teilnehmer: Mustafa, Imad | Neuwirth, Pamela
Veranstaltungsort: Halle 4.1 B13, Messegelände


18.30 - 19.30 | Lesung (EINTRITT FREI !!)
OPEN BOOKS - Imad Mustafa „Der politische Islam“
Literatur & Sachbuch
Veranstalter: Kulturamt Frankfurt am Main
Mitveranstalter: Promedia Druck- und Verlagsges.m.b.H.
Teilnehmer: Mustafa, Imad

Moderation: Abdul-Ahmad Rashid | Forum am Freitag
Veranstaltungsort: Haus am Dom, Domplatz 3, 60311 Frankfurt am Main




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