Theodoros Boulgarides - Erinnert sich München?

Quelle: Indymedia. org
Heute habe ich in der Westendstraße einen Zettel mit der Überschrift "Von den Grenzen der Poesie" an einem Hauseingang hängen sehen und mich sehr gefreut!

Der Münchner Dichter Franz J. Herrmann möchte diese Woche auf der Bürgerversammlung Schwanthalerhöhe einen Antrag für eine angemessene Form des Gedenkens an Theodores Bulgarides stellen, der in München zum Opfer der Neonazis fiel .

Hier ist der Text und die Einladung in den Bezirksausschuss in voller Länge:





Von den Grenzen der Poesie



Hier, wo nun ein Döner-Laden sich befindet, betrieb

bis zum fünfzehnten Juni Zweitausendundfünf

unser griechischer Mitbürger Theodoros Boulgarides

einen Schlüsseldienst. Er hatte ihn zwei Wochen zuvor

erst eröffnet zusammen mit einem deutschen Kollegen;

einundvierzig Jahre nur alt geworden, hinterlässt er

Frau und Kinder und eine große, schweigende Lücke;

Theodoros wurde Opfer jener feigen Neonazibande,

die innerhalb von sechs Jahren neun weitere Menschen ermordete: acht türkische Männer und eine Polizistin,

allesamt Bürger der Bundesrepublik. Wo Meuchelmord anfängt, hört die Poesie auf, spricht das Gericht.





Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,



am Eröffnungstag des NSU-Prozesses brachte ich eine Gedenktafel am Haus Trappentreustraße 4 an, die oben stehenden Wortlaut trägt.

Dort verbrachte ich dann, an einem Schachtisch sitzend, den ganzen Tag. Passanten gingen vorbei, lasen die Tafel (oder auch nicht), Wartende an der Bushaltestelle, die sich gleich davor befindet, lasen sie (oder auch nicht), ja, selbst im Bus sitzenden Fahrgästen fiel die Tafel auf – sie war genau auf deren Augenhöhe angebracht; manche von ihnen lasen sie, andere nicht.

Am Abend nahm ich meine Gedenktafel wieder mit, zog sie hinter den vier Haken an der Hauswand, nach deren Abständen ich die Maße der Tafel berechnet hatte, heraus. Jetzt steht sie Zuhause bei mir und wartet darauf, wieder zum Einsatz zu kommen.

Bis heute hat es die Stadt München nicht geschafft, in unserem Bezirk an den Ermordeten in nur irgendeiner Form zu erinnern. Nun findet am



Donnerstag, 13.06, um 19.00 Uhr

im Pfarrheim Sankt Ruppert, Gollierstraße 61,



die diesjährige Bürgerversammlung für den Stadtbezirk Schwanthalerhöhe statt. Dort werde ich den Antrag stellen, die Gedenktafel erneut an besagtem Haus und solange anzubringen, bis man sich höheren Orts endlich auf eine konsensfähige Form des Gedenkens geeinigt hat.

Falls Sie meine Initiative unterstützen wollen (oder auch nicht) bitte ich um Erscheinen zu dieser Versammlung, zu der Sie einen amtlichen Lichtbildausweis mitbringen müßten.



Franz J. Herrmann

Dichter & Bildungsreferent  

 


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