Die Toten von Birmingham


von Imad Mustafa

Haroon Jahan (21), Shazad Ali (30) und Abdul Musavir (31). Das sind die Namen der drei Menschen, die am 10.08.2011 Opfer eines Mordanschlages in Winson Green, einem ärmlichen Viertel von Englands zweitgrößter Stadt Birmingham, wurden.

Sie haben die Namen noch nie gehört? Vielleicht liegt es daran, dass die Rollenverteilung in diesem Fall nicht in die üblichen Schemata von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit passt, mit denen die hiesigen Mainstreammedien von SPON bis Tagesschau arbeiten. Und auch nicht in das Klischee des arbeitsfaulen Migranten, der marodierend und plündernd durch die Innenstadt zieht.

Die drei jungen, pakistanischstämmigen Männer, zwei von Ihnen Brüder, versuchten am Abend des zehnten August das eigene Geschäft, eine Autowaschanlage vor den Plünderungen und Gewaltexzessen, die gerade in Birmingham stattfanden, zu beschützen, als sie von einem Auto erfasst wurden, das mit hoher Geschwindigkeit auf sie zusteuerte. Alle drei erlagen am selben Abend ihren schweren Verletzungen.

Nun, wo liegt hier der Skandal, möchte man angesichts der Todesumstände fragen. In einer Umgebung von Gewalt und Gesetzlosigkeit, werden drei Menschen Opfer von Gewalt. Das Skandalöse ist die Art und Weise, wie diese Nachricht kommuniziert wird. In einer Medienlandschaft, die sonst nicht davor zurückschreckt, Differenzen in Geschlecht, Hautfarbe und Religion zu markieren, um den Anderen zu diffamieren und auszuschließen, fehlt in diesem Fall der Hinweis auf die islamisch-pakistanische Herkunft der Opfer vollkommen.[1]

Und genau hier liegt der Hund begraben: Es ist die Opferrolle, die dem „bösen muslimischen Mann“ verweigert wird. [2] Namen-und gesichtslos lebt er an den Rändern unserer Wohlstandsgesellschaft, nützlich als billige Arbeitskraft und als Sündenbock, um aufgestaute Frustrationen abzuleiten, wird ihm auch im Tod die Anerkennung verweigert und posthum somit auch die Integration in die Mehrheitsgesellschaft.

Es ist paradox, spiegelt jedoch nur unsere gesellschaftliche Realität wider:  Gerade die Nicht-Nennung ihrer Herkunft stellt die Negierung eines Teils ihrer Identität dar und macht sie zu Opfern eines rassistischen Diskurses in den Medien und in der Gesellschaft. Somit entlarvt sich selbige Mehrheitsgesellschaft ein weiteres Mal als heuchlerisch bis in ihre Grundfesten, gerade dann, wenn sie von Integration redet.



[1] Medien sprachen bei den Todesopfern bisher von „Menschenmenge“, „drei junge Männer“, „drei Menschen“. (bild.de, focus.de, reuters, heute.de, spiegelonline.de), 14.8.2011
[2] Stattdessen wird im gleichen Atemzug von „bewaffneten Sikhs“ berichtet, die „mit Schwertern und Knüppeln zu allem bereit“ seien. (bild.de), 14.8.2011


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