Von Hannes Hofbauer*
Mit einem eigenen
Islam-Gesetz soll künftig die Religionsausübung für moslemische Gläubige in
Österreich staatlicher Kontrolle unterstellt werden. Finanzierung aus dem
Ausland wird verboten, der Koran in einer deutschen Ausgabe kodifiziert.
Die von den Regierungsparteien ÖVP und SPÖ geplanten
Einschnitte sind weitreichend. Sie zielen auf die Struktur der moslemischen
Religionsausübung in Österreich. Ein aus dem Jahr 1912 – also aus der
Habsburger-Monarchie – stammendes Gesetz, das Muslimen die freie Ausübung ihres
Glaubens über 100 Jahre lang garantiert hat, fällt der grassierenden
antiislamischen Stimmung zum Opfer. Ab 1. Januar 2015, so lautet der von
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) vorgelegte Plan, wird es eine Anmeldepflicht
für so gut wie alle Vorgänge innerhalb moslemischer Religionsgemeinschaften
sowie eine staatliche Überwachung der Wahl von Funktionsträgern geben. Der
laufende Betrieb von Moscheen und anderen religiösen Einrichtungen darf nicht
mehr von ausländischen Gemeinschaften finanziert werden, was auch für
sogenannte „lebende Subventionen“, also Prediger, gilt. Allein die Tatsache,
dass die Präsentation dieses islamfeindlichen Gesetzes vom Außenminister –
gemeinsam mit SPÖ-Kanzleramtsminister Josef Ostermayer – vorgenommen wurde, zeugt
von der Schlagseite des kulturpolitischen Schnellschusses. Es ist die Angst vor
dem „Islamischen Staat“, die Wien in restriktive Maßnahmen gegen die gesamte
Glaubensgemeinschaft der Muslime flüchten lässt.
Die Implementierung des Gesetzes, das diese Woche in die
parlamentarische Begutachtung geht, würde die mächtigste moslemische
Organisation in Österreich, die der AKP nahe stehende „Türkisch-Islamische
Union in Österreich“ (ATIB) finanziell austrocknen, lebt sie doch von
Zuschüssen aus der Türkei. Auch die größte Moschee des Landes, das direkt an
der Donau in Wien gelegene „Islamische Zentrum“, müsste ihre Pforten schließen;
sie wird ebenfalls mit Geld aus der Türkei betrieben. Die im Gesetzestext vorgesehene
einheitliche deutschsprachige Kodifizierung des Korans wiederum widerspricht
dem Geist des Islam diametral, dessen Gelehrte seit Jahrhunderten – wie die
christlichen auch – um unterschiedliche Auslegungen und Deutungen streiten.
Vom Verbot ausländischer Finanzierung ausgenommen soll
ausgerechnet das „König-Abdullah-Zentrum“ am Wiener Ring werden, das vor
eineinhalb Jahren mit großem Pomp und offizieller österreichischer
Regierungsbeteiligung als „Zentrum für den interreligiösen Dialog“ eröffnet wurde.
Sein gesamter Etat wird aus der Privatschatulle des saudischen Königshauses
beglichen.
Das im neuen Islam-Gesetz vorgesehene Verbot
ausländischer Finanzierung hat eine Reihe von kritischen Stimmen auf den Plan
gerufen. Der prominente Verfassungsrechtler Theo Öhlinger z.B. glaubt nicht,
dass ein solches Verbot einer Klage beim Verfassungsgerichtshof standhält, denn
es „fügt sich in unser System offener Grenzen überhaupt nicht ein“. Kritik von
moslemischer Seite ist vielfältig, wiewohl die größten Organisationen sich
bislang mit Aussagen zum Gesetz zurückhalten.
Das neue Gesetz spricht der Gleichbehandlung anerkannter
Religionen, zu der sich staatliche Organe immer wieder gebetsmühlenartig
bekennen, Hohn. Denn während ab kommendem Jahr islamische Gotteshäuser von
ausländischen Kontakten abgeschnitten werden, regiert der Vatikan über einen
eigenen Staatsvertrag mit der Republik, das sogenannte Konkordat, direkt in die
österreichische katholische Kirche hinein. Dazu gehört die vollständige Hoheit
über die personelle Zusammensetzung der Priester und Religionslehrer im ganzen
Land. Öffentliche Schulen werden mit vom Vatikan ausgesuchten Religionslehrern
bestückt, gleichzeitig dürfen moslemische Prediger in Zukunft nicht mehr von
islamischen Stiftungen finanziert werden, die außerhalb des Landes liegen. Die
Religionsfreiheit fällt der Angst vor radikalen Islamisten, die – nebenbei
bemerkt – vom Westen seit den 1980er Jahren gegen die Sowjetunion, das
post-titoistische Jugoslawien sowie die laizistisch regierten Länder Irak,
Libyen und Syrien in Stellung gebracht worden sind, zum Opfer.
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* Hannes Hofbauer ist Historiker und Autor. Seit vielen Jahren leitet er zudem den Promedia Verlag in Wien. In diesen Tagen erscheint von ihm sein neuestes Werk "Die Diktatur des Kapitals".
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